Optikexperimente

Im Frühling 2023 haben wir in der AGL Jugendgruppe eine paar coole Experimente durchgeführt, um einige Grundlagen der Optik anschaulich zu erleben und zu verstehen.

Beugung und Interferenz

Am ersten Abend schauten wir uns zuerst das Prinzip der Beugung von Licht an. Dazu haben wir das Licht von einem Stern (simuliert mit einem Lichtpointer) durch verschiedene Medien hindurch angeschaut. Durch Beugung verändert sich das Bild des Sterns jeweils.

Stern durch Lochblende
Ein Stern durch eine sehr kleine Lochblende hindurch angeschaut: Es sind mehrere Beugungsringe zu sehen. Je kleiner das Loch ist, umso grösser sind die Ringe.
Stern durch Nylonstrumpf
Ein Stern durch einen Nylonstrumpf hindurch angeschaut: Das kreuzweise Gewebe des Stoffes erzeugt einen vierzackigen Beugungsstern!
Stern durch Notfall-Gazebinde
Ein Stern durch eine Notfall-Gazebinde hindurch angeschaut: Die ungeordneten Fasern der Gazebinde erzeugen einen diffusen, kreisförmigen Lichthof. Der Vollmond im Nebel sieht manchmal ähnlich aus
Computersimulation von einem Stern im Teleskop. Das Beugungsmuster mit den Ringen bewegt sich wegen der Luftunruhe („seeing“). (Teleskopgrösse 177 mm, Seeing 2 Bogensekunden FWHM)

Nachher haben wir mit der Erscheinung der Interferenz anschaulich gesehen, dass Licht eine Welle ist. Es war sehr überraschend, dass ein Stern plötzlich dunkle Linien zeigt, wenn man ihn GLEICHZEITIG durch ZWEI kleine Löcher betrachtet! Niemand hatte im Voraus erraten, was passieren würde 🙂

Stern durch zwei Löcher
Ein Stern gleichzeitig durch zwei kleine Löcher hindurch betrachtet: plötzlich sieht man dunkle Linien (sogenannte Interferenzstreifen)! Das ist ein Beweis, dass Licht eine Welle ist. Je weiter die beiden Löcher voneinander entfernt sind, umso enger werden die Linienmuster.
Stern durch sechs Löcher (Webb Teleskop)
Ein Stern gleichzeitig durch sechs Löcher hindurch betrachtet: Nun sehen wir bienenwabenförmige Beugungsmuster, ähnlich wie beim Webb Teleskop (welches sechseckige Spiegelsegmente hat).
Vortrag James Webb Teleskop
Das Webb Weltraum Teleskop mit seinem wabenförmigen Hauptspiegel, der aus 18 sechseckigen Spiegelsegmenten mit je 1.3 Meter Grösse zusammengesetzt ist.
Webb Bild mit Beugungsmustern bei hellen Sternen
Ausschnittvergrösserung aus dem Carina Nebel, fotographiert mit dem Webb Weltraum Teleskop. Bei hellen Sternen sieht man die charakteristischen, 8-zackigen Beugungsmuster.
Webb Weltraum Teleskop Beugungsmuster
Das Webb Weltraum Teleskop: Wie die Details seiner komplexen Beugungsmuster bei hellen Sternen entstehen (Quelle: NASA)

Spektroskopie

Schliesslich haben wir uns das Spektrum einer brennenden Kerze angeschaut und gesehen, dass die heisse Flamme alle Regenbogenfarben (von Blau über Grün und Gelb bis zu Rot) aussendet. Sobald wir aber mit einer Gewürzmühle einige Salzkörner in die Kerzenflamme gestreut haben, dann ist genau eine Farbe ganz hell aufgeleuchtet! Salz ist chemisch Natriumchlorid (NaCl) und wir sehen hier Licht des chemischen Elementes Natrium. Diese Methode nennt sich Spektroskopie und damit können wir genau herausfinden, aus welchen chemischen Elementen z.B. die Sonne und alle Sterne bestehen.

Das Spektrum einer Kerzenflamme, mit eingestreutem Salz (NaCl). Die hell aufleuchtende, gelb-orange Linie (bei 589 Nanometer Wellenlänge) stammt vom chemischen Element Natrium (Na).

24. März 2023: anwesend waren Gian-Andrin Bruggmann, Cedric Ettlin, Milan Geuss, Dorian Horber, Gilles Koch, Luca Tresch, Elmar Wüest und Roland Stalder


Teleskopspiegel testen

Am zweiten Abend haben wir gesehen, wie hochpäzise Teleskopspiegel optisch getestet werden können. Ein Teleskopspiegel muss das parallel einfallende Sternenlicht in einen Punkt fokussieren (das ist der Brennpunkt). Die richtige Spiegelform dafür ist eine konkave, rotationssymmetrische Parabel. Ein „Kugelspiegel“ (seine konkave Spiegelfäche ist ein Teil einer Kugeloberfläche) würde das Licht aus dem Kugelmittelpunkt wieder genau dorthin zurück spiegeln – ein flacher Spiegel (Planspiegel) fokussiert das Licht gar nicht.

Die einfachste Methode, um einen Teleskopspiegel sehr genau zu testen ist der sogenannte Foucault Test. Der Aufbau besteht nur aus einer kleinen Lichtquelle (künstlicher Stern) und einer beweglichen Rasierklinge.
Ein perfekter Teleskopspiegel sollte eine Oberflächenform haben, die möglichst nicht mehr als etwa 1/20 Wellenlänge von der korrekten Parabelform abweicht. Die optische Wellenlänge beträgt etwa 500 Nanometer (ein Nanometer ist 10-9 oder 0.000000001 Meter!) – das heisst die tolerierbaren Fehler sind nur 25 Nanometer. Solche winzigen Fehler kann der Foucault Test problemlos zeigen.

Wir haben das sehr eindrücklich direkt erleben können mit einigen Experimenten zu Schlierenoptik vor einem Kugelspiegel mit 200 mm Durchmesser. Der Foucault Test zeigt sogar die optischen Störungen, welche unsere, durch die Nase ausgeatmete Luft verursacht. Auch die von unserer Hand aufsteigende, warme Luft ist problemlos sichtbar. Wenn wir Gas aus einem Feueranzünder ausströmen lassen, können wir sehen, wie dieses vor dem Spiegel absinkt. Dramatische Effekte erzeugen dann ein brennender Feueranzünder oder eine Kerzenflamme.

Schlierenoptik von einem Gesicht: warme Luft strömt aus der Nase
Schlierenoptik: warme Luft steigt von einer Hand auf
Schlierenoptik von einem Gasanzünder: zuerst strömt nur kaltes Gas aus der Spitze (und sinkt langsam nach unten), nachher zünden wir die Gasflamme an!
Schlierenoptik von einer Kerzenflamme: ganz unten ist die Flamme der brennenden Kerze zu sehen – alles weiter oben ist heisse Luft, die schnell aufsteigt.

12. Mai 2023: anwesend waren Gian-Andrin Bruggmann, Milan Geuss, Gilles Koch, Joy Sigrist, Luca Tresch, Elmar Wüest und Roland Stalder


Sonnenspektrum und Fraunhoferlinien

Am dritten Abend haben wir uns mit dem Spaltspektrografen des Sonnenteleskops das Sonnenspektrum genauer angeschaut. Im etwa 50 cm langen Spektrum sind zahlreiche dunkle Linien sichtbar, die sogenannten Fraunhoferlinien. Jede dieser Linien entspricht dem Fingerabdruck eines chemischen Elements. Mit der Analyse dieser Linien (man nennt das Spektroskopie) wird es möglich, die genaue Zusammensetzung der Sonne zu bestimmen.

Fraunhoferlinien Spaltspektrografen des Sonnenteleskops
Spaltspektrograf des Sonnenteleskops mit Sonnenspektrum
Fraunhoferlinien Detail Spaltspektrografen des Sonnenteleskops
Ausschnitt des Sonnenspektrums: Fraunhoferlinien im Detail

Wenn wir das Sonnenlicht durch verschiedene Filter hindurch gehen lassen, dann wird klar, dass jeweils ein Teil des Lichtes absorbiert wird.

Im Bild anbei wurden von oben nach unten folgende Filter verwendet:
1) ohne Filter
2) Grünfilter (blaues und rotes Licht wird absorbiert)
3) Gelbfilter (blaues Licht wird absorbiert)
4) Rotfilter (blaues und grünes Licht wird absorbiert)

sowie die vier schmalbandigen Interferenz Filter
5) UHC Filter
6) H-beta Filter
7) OIII Filter
8) H-alpha Filter

Spektrum Sonne mit verschiedenen Filtern 8
Spektrum Sonne mit verschiedenen Filtern

26. Mai 2023: anwesend waren Gian-Andrin Bruggmann, Milan Geuss, Gilles Koch, Joy Sigrist, Luca Tresch, Livio Nussbaumer, Valentin Perrez, Elmar Wüest und Roland Stalder


Polarisation von Licht

Schliesslich haben wir noch das Phänomen der Polarisation von Licht angeschaut. Wir haben dazu zwei normale Polarisationsbrillen benutzt, wie sie z.B. im 3D-Kino verteilt werden. Wenn wir diese zwei Brillen vor einem LCD Bildschirm (z.B. vom einem Computer oder einem Handy) verdrehen, dann entstehen interessante Auslösch-Effekte. Dabei spielt es eine Rolle, ob wir normal (von „innen nach aussen“) durch die Brille hindurchschauen oder diese umgekehrt „von aussen nach innen“ benutzen. Durch eine geeignete Anordnung der zwei Brillen können wir ausgelöschtes Licht des LCD-Bildschirms sogar wieder „hervorzaubern“.
Wir versuchen diese Effekte im Detail zu verstehen: Es gibt zwei Arten von Polarisation beim Licht: linear polarisiert (LP) oder zirkular polarisiert (CP). Ein LCD Bildschirm sendet (diagonal schräges) LP Licht aus. Im Real-3D Kino werden die beiden Bilder für das rechte und das linke Auge abwechslungsweise mit CP Licht projiziert. Die Real-3D Brille wandelt (auf der Aussenseite) das CP Licht zuerst in LP Licht, um es dann auf der Innenseite mit einem LP Filter für das jeweilige Auge zu selektieren.
Interessanterweise gibt es auch astronomische Lichtquellen, welche polarisiertes Licht aussenden – so z.B. die Sonne mit ihren Magnetfeldern.

Zwei identische Polarisationsbrillen vor einem LCD Bildschirm: bei der rechten Brille schauen wir normal hindurch (von „innen nach aussen“), während wir bei der linken Brille umgekehrt, von „aussen nach innen“ hindurchschauen.

Eine komplette Blockierung des Lichtes wird auch in einem „Polariskop“ benutzt. Damit werden kleinste Veränderungen in der Lichtpolarisation sichtbar, welche z.B. in durchsichtigen Spritzgussteilen durch mechanische Spannungen verursacht werden.

Polariskopie mit einer 3D-Polarisationsbrille und einem Geo-Dreieck aus gespritztem Kunststoff.

16. Juni 2023: anwesend waren: Dorian Horber, Joy Sigrist, Milan Geuss, Gian-Andrin Bruggmann, Cedric Ettlin, Livio Nussbaumer, Valentin Perrez, Elmar Wüest und Roland Stalder

20230616 AGL Jugendgruppe
AGL Jugendgruppe Juni 2023: Hinter dem Teleskop (von links): Dorian Horber, Elmar Wüest (Leiter) und Joy Sigrist. Vorne (von links): Milan Geuss, Gian-Andrin Bruggmann, Cedric Ettlin, Livio Nussbaumer, Valentin Perrez und Roland Stalder (Experte)

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